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Aus BTX - Meyer Datentechnik - vom 06.09.1992
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"Phreaker" telefonieren kostenlos..
BLUE-BOXING -- Hacker und Telefonsƒchtige machen's kostenlos. Ser-
vice 0130 ist die Zauberformel fƒr kostenlose Telefonate mit dem On-
kel in Amerika! "Phreaker" nennen sie sich - eine eigene weltum-
spannende Telefonzentrale haben sie im Wohnzimmer. Der Traum eines
jeden BTXler oder Alptraum der Deutschen Bundespost?
*TELEMAG# hat sich fƒr Sie schlau gemacht. Lesen Sie ƒber Technik,
Prinzip und Hintergrƒnde des BLUE-BOXING.
Bericht wird laufend aktualisiert!
Uebersicht
- Service 0130 Sicherheitsloch
- Was ist Blue-Boxing?
- "PHREAKER" und "LAMER"
- Kriminell so oder so
- Auch in Deutschland geht's
- Tausende machen's in der Nacht
- CCITT Nr.5 - SDI gibt's spèter
- Ein Millionendeal! Fƒr wen?
- Wie funktioniert es denn?
- Computer, Anlage oder Tongeber
- Mal ausprobieren?
- Blue-Box Gangster im BTX?
Service 0130 der TELEKOM
Service 0130 heiºt der inlèndische 'toll-free'-Service der Bundespost
TELEKOM. Bereits einige hundert Versandhèuser bieten ihren Kunden den Service 0130
- zwecks telef. Bestellung kann man vÜllig gebƒhrenfrei seine
Anliegen beim Anbieter abladen. Natƒrlich gibt es diesen Service
auch fƒr's Ausland. Groºe Konzerne kÜnnen via 0130-Nummer von Ihren
Mitarbeitern aus Deutschland kostenlos kontaktiert werden. Die
AnwendungsmÜglichkeiten des Service 0130 sind sehr vielfèltig. Die
anfallenden Gebƒhreneinheiten werden IMMER vom Angerufenen ƒbernommen.
'Toll-Free'Nummern (wie den inlèndischen 0130-Service) gibt es
inzwischen auf der ganzen Welt. In Deutschland seit etwa 5 Jahren.
Ausfƒhrliche Infos finden sich im BTX-Programm der TELEKOM ab Seite
20000. Und jetzt zum Thema ...
Kurz gesagt: Blue-Boxing ist kostenloses telefonieren. Seit ƒber
10 Jahren in den USA praktiziert, wird dieses (illegale) Unterfangen
auch bei uns in Deutschland immer beliebter. Die herkÜmmliche BLUE-
BOX ist nichts weiter, als ein kleiner akustischer Signalgeber,
mit dem sich weltweit die Systeme der grܺten Telefongesellschaften
austricksen lassen. Hierzu spèter noch mehr ...
Im Zeitalter der Computer scheint das Blue-Boxing immer mehr als
Kavaliersdelikt abgetan zu werden. Computerfreaks und Hacker arbeiten
inzwischen mit einer Technik, die an Schaltzentralen erinnert - mit
einem einzigen Anruf per Computer geht's nach Amerika, von dort
weiter nach Taiwan und dann wieder zur Oma nach Deutschland!
Kostenlos versteht sich. Inband-Signalling gemèº CCITT Nr.5 ist ihr
Zauberwort, welches den Telefongesellschaften Gewinne UND Verluste
einbringt. Verlierer sind auslèndische Telefongesellschaften und auch
einige 'Toll-Free'-Kunden im Ausland. Aufgrund der Zahlungsfèhigkeit der
auslèndischen Gesellschaften darf man sich fragen, ob die Bundespost
TELEKOM an der strafrechtlichen Verfolgung deutscher "PHREAKS" (so
nenen sich die Phone-Freaks) interessiert ist. Klar ist: Bis Mitte
des Jahres wurde offiziell die gesamte Problematik in Frage
gestellt. Weil's ganz gut lèuft ????
Das Ausmaº der Blue-Box-Problematik macht wohl folgendes deutlich:
Computerfreaks bezeichnen sich bereits als "Phone-Freaks" wenn sie
die internationalen Netze im Griff haben. "LAME" hingegen ist, wer zum
kostenlosen telefonieren lediglich eine Musikkassette oder einen
Tongeber (èhnlich der Fernabfrage eines Anrufbeantworters) einsetzt.
Inzwischen sind Blue-Box-Programme sogar per BTX-Telesoftware
erhèltlich. Die Rechtslage?
Natƒrlich ist Blue-Boxing keinesfalls als Kavaliersdelikt abzutun.
Schlieºlich werden durch Umgehung vorbestimmter Verfahren
(Gebƒhrenzèhler usw.) Dritte geschèdigt. Detaillierte Auskƒnfte zur Rechtslage
dƒrfen wir nicht geben, jedoch muº davon ausgegangen werden, daº
Blue-Boxing in der Zukunft anders geahndet wird, als dies bislang der
Fall war. Die Bundespost verspricht derzeit auch technische Abhilfe,
die ƒber sog. digitale Frequenzfilter realisiert werden soll.
Insider haben jedoch schon jetzt eine neue LÜsung zur Umgehung dieser
Signalsperren parat. Und die weltweite Umstellung der Netze auf das
sog. Outband-Signalling dƒrfte - sofern ƒberhaupt - innerhalb der
nèchsten 15 Jahre nicht realisierbar sein.
Trotzdem ist und bleibt das Blue-Boxing eine strafbare Handlung; vor
Nachahmung oder auch dem Versuch der Nachahmung sei hier gewarnt ..
Ursprƒnglich nur in den USA praktiziert, ist die Blue-Box-Praktik
in allen Variationen seit einigen Jahren auch in Deutschland recht
beliebt. Insider der Blue-Box-Szene ( die gibt es wirklich) machen
selbst immer wieder einmal mobil gegen Nachahmung - zum Schutz der
Blue-Boxer verbreiten sie sogar Gerƒchte ƒber Fangschaltungen der
Polizei, die sich gegen ihresgleichen richten. Als Abschreckung -
es soll nur einige wenige Insider geben. An die àffentlichkeit
getragen, wèren die inlèndischen 0130 ('Toll-Free')-Nummern wohl sehr
bald ƒberlastet. Auch seitens der deutschen Telefongesellschaft muº
in diesem Fall wohl bald gehandelt werden. Bis vor etwa 4 Wochen
wurde BLUE-BOXING von der Bundespost noch fƒr unmÜglich deklariert.
Gewinne in MillionenhÜhe dƒrften jedoch eine Anzahl weiterer Fragen
aufwerfen. Zweifelsohne ist hier eine Stellungnahme unumgènglich ..
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gibt es in
Deutschland einige tausend BLUE-BOXER, die sich Nachts um den Erdball wèhlen.
Neue Software aus US-Mailboxen und aktuelle Bullettins aus Australien
sind mit einem guten Modem schnell zu holen. Man hat uns vorgemacht,
wie einfach sowas ist. åber den Zustand des Gebƒhrenzèhlers vergisst
man schnell, den Mund wieder zuzumachen. Und es ist so unglaublich
einfach:
CCITT Nr.5 arbeitet im Gegensatz zur Spezifikation Nr.7 mit Inband-
Signalling, d. h. alle Steuerungsfunktionen einer Telefonverbindung
werden mit einfachen Tonsignalen realisiert. Einem halbwegs versierten
Elektroniker dƒrfte es ohne Probleme mÜglich sein, die
Spezifikationen dieser Signalgebung zu durchschauen. Ohne weiteres lassen
sich Kommandos wie "Gegenstelle hat aufgelegt" oder èhnliche dann
durch die Leitung schicken. Damit ist hier natƒrlich keine LÜsung
zum kostenlosen Telefonieren aufgezeigt, jedoch wird deutlich, was
Tausende von Ingenieuren weltweit ƒbersehen haben: Eine
Sicherheitslƒcke von unbeschreiblichen Ausmaºen. Man stelle sich vor, was bei
heutigen Satellitenverbindungen noch alles mÜglich sein kÜnnte ...
Soeben konnte der Presse entnommen werden, daº die Bundespost TELEKOM
jetzt Strafantrag gegen unbekannt gestellt hat ...
... davon reden, wie sie sich gebƒhrenfrei einwèhlen konnten. Inzwischen
werden die Kapazitèten dieses Konferenzsystemes wieder erweitert,
man freut sich ƒber den regen Andrang! Bei Telefongesellschaft UND
Betreiber!
Hinter dem Kommentar "Problematik erkannt" dƒrfte sich niemand
weiter verstecken kÜnnen. Aufgrund dieser Tatsache ist wohl umfassen-
de Aufklèrung gefragt. Klar ist, daº deutsche 0130-Kunden nicht von
den Hackern und "Phreaks" geschèdigt werden, dennoch wird
zweifelsohne eine gewisse Unsicherheit deutlich, die hier unbedingt zum
Handeln zwingt.
ACHTUNG: An dieser Stelle sei nocheinmal angemerkt, daº wir keinerlei
Anleitung zum gebƒhrenfreien (und strafrechtl. verbotenen)
telefonieren geben. Sofern Sie in besagtem Konferenzsystem Kenntnis
erlangen: BLUE-BOXING ist strafbar!
Eine detaillierte Anleitung zum gebƒhrenfreien telefonieren wollen
wir Ihnen natƒrlich nicht geben. Aber wir zeigen klipp und klar,wie
es tausende machen!! Das Prinzip ist denkbar einfach:
Mit simplen Tonsignalen aus Computer, Stereoanlage oder umgebauter
Anrufbeantworter-Fernabfrage kommt man leicht zum Ziel.
Presseagenturen machen z. Zt. zwar mobil gegen einige wenige norddeutsche
Computerfreaks, jedoch muº angemerkt werden, daº das sog. Blue-Boxing
keinesfalls eine Domène der Computer-Anwender ist. Nutzer von
Telefonkonferenzen und Voice-Mailboxen zeichnen da ein ganz anderes Bild,
wenn sie mit Ihrer Kenntnis um die Telefonnetze prahlen. Inzwischen
sind es tausende, die sich vor den Telefongebƒhren drƒcken! Laut
Auskunft der Telekom ist man mehr geneigt, dieses nicht an die àffent-
lichkeit gelangen zu lassen. Aber jetzt nochmal zum Service 0130 ...
des gesamten Vorganges ist der Anrufer (der "Blue-Boxer") mit der
Service-Nummer verbunden und zahlt nicht eine einzige Einheit.
Varianten dieses Vorganges gehen bis hin zur Nutzung von Auslands-
Gateways, mit deren Hilfe man sich im Direktwahlverfahren oder
Handvermittelt wieder nach Deutschland (oder sonstwo) einwèhlen kann. So
kann man selbst seinen Untermieter "mal eben" ƒber ->USA->Taiwan->BRD
anrufen. Umsonst! Das dieser Miºstand fÜrmlich zum Experimentieren
einlèdt, ist wohl kein Wunder. Natƒrlich muº hier schnellstens
Abhilfe geschaffen werden! Seitens der Bundespost hat man ja endlich
das "Problem erkannt", Abhilfe in absehbarer Zeit ist jedoch wohl
nicht unbedingt zu erwarten. Unseres Erachtens ist jedoch eine
schnelle LÜsung des Problemes erforderlich, will man nicht die
Gelegenheit beim Schopfe packen und Computerfreaks kriminalisieren ...
Zurƒck zur Praxis: In welcher Form die wundersamen TÜne erzeugt
werden, spielt letztendlich nur eine untergeordnete Rolle. Funktionieren
wird alles!!! Gewitzte "sƒchtige" Phone-Freaks wèhlen ihr
bevorzugtes Konferenzsystem inzwischen mit einer vorgefertigten Musikkassette
an. KopfhÜrer ans Telefon, und sofort kann es losgehen. Natƒrlich
wird auch hier fleiºig "weitergereicht". Ein Verbindungsaufbau in
dieser Form dauert ca.30 Sekunden.
Davon kÜnnen wir nur abraten. Beim BLUE-BOXING dƒrfte es sich
zweifelsohne um eine Straftat gemèº StGB handeln. Einer dpa-Meldung
war in den letzten Tagen zu entnehmen, daº seitens der Bundespost
TELEKOM Strafantrag gegen Unbekannt gestellt wurde. Die TELEKOM
ist zwar nicht unbedingt benachteiligt - Geld bekommt sie ja -,
jedoch dƒrfte mit einer Üffentlichen Diskussion ein gewisser
Interessenkonflikt eingetreten sein.
Wie kriminell ist's denn eigentlich? Liegt eine Einladung der
Telefongesellschaften vor? Das System CCITT Nr.5 scheint viele
Fragen aufzuwerfen!
åbrigens: Sogar BTX-Anbieter haben keinerlei Skrupel,
BLUE-BOX-Software in Form von Telesoftware bereitzustellen. Ein voll
funktionsfèhiges Programm fƒr AMIGA-Computer ist per BTX schnell
aufzutreiben.
pannier@cs.tu-berlin.de